Fahrverbote allerorten – und die Normalbevölkerung bleibt auf der Strecke. Ein Kommentar für SPIEGEL DAILY.

In Großbritannien sollen ab 2040 keine Diesel- und Benzinautos mehr beim Händler stehen. Das hat die Regierung am Mittwoch bekannt gegeben. In Frankreich ist man diesen Schritt schon drei Wochen zuvor gegangen. Und in Deutschland fordern die Grünen: Ab 2030 nur noch abgasfrei auf deutschen Straßen.

Zukunftsmusik? Viele Verbraucher sind verunsichert. Immer mehr Großstädte diskutieren mögliche Fahrverbote – oder haben sie erlassen. In Stuttgart sind schon ab 2018 Dieselautos der Schadstoffklasse Euro 5 verboten.

Familien, Senioren und Pendler treffen derlei Maßnahmen besonders hart. Sie sind auf ihr Auto angewiesen: zum Einkaufen, zum Abholen der Kinder, auf dem Weg zur Arbeit, am Wochenende.

Öffentlicher Nahverkehr oder alternative Konzepte wie Carsharing funktionieren auf dem Land nur schlecht. Viele Orte haben bis heute noch nicht einmal schnelles Internet – eine Grundvoraussetzung der Apps von Carsharing-Anbietern.

Das Durchschnittsauto fährt 9,3 Jahre auf deutschen Straßen

Besonders Vielfahrer haben sich jahrelang aus guten Gründen für einen Diesel entschieden. Der Motor ist länger fit, der Verbrauch ist niedriger, das Tanken günstiger. Ihre Finanzplanung ist Makulatur, wenn Städte ihnen das Fahren verbieten.

Auch Handwerker und Mittelständler würden unter den Vorhaben leiden: Ihre Lieferwagen, häufig Diesel, schreiben sie über Jahre ab. Ein neues Auto können viele Menschen nicht einfach aus der Portokasse bezahlen, schon gar kein E-Auto.

In Stuttgart sind sogar Autos von dem Fahrverbot betroffen, die erst 2015 zugelassen wurden. Zum Vergleich: Das Durchschnittsauto fährt seit 9,3 Jahren auf deutschen Straßen. Wer keine großen Ersparnisse hat, behält sein Auto noch länger.

Zu Recht spricht der ADAC von eine “Enteignung” der Autofahrer. Es sind Menschen betroffen, die sich vor nicht einmal zwei Jahren ein neues Auto gekauft haben. Das Geld ist weg. Wer möchte einen gebrauchten Diesel kaufen, mit dem er nicht überall hinfahren darf?

Die Debatte um Fahrverbote wird zurzeit vor allem von Leuten geführt, die sich problemlos alle drei Jahre ein neues Auto zulegen können. Die Normalbevölkerung bleibt auf der Strecke.