Peter Thiel und Jens Spahn im #DialogBMF

Als Uber sich aus Berlin zurück zog, trocknete der Angstschweiß auf der Stirn vieler Taxifahrer. Jetzt vermissen Kunden den komfortablen Fahrdienst; und beendet ist der Streit Uber vs. Taxi auch nicht. Was aber passiert, wenn Autos autonom fahren und Pakete per Drohne kommen? Gefährden diese verrückten Ideen unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt?  Star-Investor Peter Thiel hat in Berlin auf einer Veranstaltung darüber gesprochen.  „Entweder, man hat verrückte Ideen, oder man hat Minuszinsen“, sagt Thiel. Eine Einordnung.

Peter Thiel ist einer der erfolgreichsten Deutschen im Silicon Valley. Als er ein Jahr alt war, zog seine Familie nach Amerika. Thiel studierte Philosophie und Jura in Stanford. Er gründete 1998 Paypal und stieg früh bei Facebook ein. Heute investiert Thiel sein Milliarden-Vermögen in andere Technologie- und Internetunternehmen. Am 8. Juni 2016 war Thiel Gast in der Veranstaltung „BMF im Dialog“ im Finanzministerium. Mit Jens Spahn, parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, sprach Thiel über typische Digitalthemen wie Berlins Start-Up Szene (gut und günstig), gab Start-Up-Tipps (gut und einzigartig) und diskutierte über Gesellschaftlichen Zusammenhalt 4.0.

Wird Technologie gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken oder schwächen?

„Die Alternative zum technologischen Fortschritt ist eine Welt ohne Wirtschaftswachstum“, sagt Thiel, „eine Welt mit Null-Zinsen. Was tun mit Geld, was tun überhaupt?“ Und was meint Thiel mit dieser Aussage?

Technologischer Fortschritt alias merkwürdige Ideen

Sie ist vor dem Hintergrund moderner Wirtschaftswissenschaften zu verstehen. Eine Funktion, die die Leistung einer Wirtschaft beschreibt, hängt ab von den Produktionsfaktoren – Kapital (K) und Arbeit (L). Arbeit ist menschliche Arbeitskraft, Kapital ist alles, was sonst noch zur Produktion von Wirtschaftsleistungen verwendet wird, Geld und Maschinen. Auf kurze Sicht können Ökonomen mit derartigen Funktionen erklären, welcher Faktor wie stark zum Wirtschaftswachstum beiträgt.

In der langen Frist aber erklären Kapital und Arbeit Wirtschaftswachstum nicht. Es gibt einen dritten Faktor: Technologischer Fortschritt (A). Robert Solow hat dafür 1987 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften bekommen. Kein technologischer Fortschritt, kein langfristiges Wirtschaftswachstum. Thiels Sicht ist kohärent mit einem Standardwerkzeug der Ökonomie. Mittlerweile arbeiten Volkswirte mit aktuelleren Modellen, aber das beschriebene Solow-Modell wird bis heute zur Beschreibung des Zusammenhangs von Kapital, Arbeit und technologischem Fortschritt benutzt.

Minuszinsen

Keine oder negative Zinsen ist das Problem, das Sparern und institutionelle Anleger wie Kranken- und Pensionskassen in Europa, den USA und Japan seit der Finanzkrise Sorgen macht. Es gibt keine Inflation, kaum Wirtschaftswachstum. Niedrige Zinsen sollen Unternehmen zum Investieren und Bürger zum Konsumieren bewegen. Doch das Konzept geht kaum auf.

Die Zentralbanken haben die Zinsen nahe an die Zinsuntergrenze, auch zero-lower-bond genannt, gelegt. Tiefer als wenige Prozent unter Null können die Zinsen nicht gesenkt werden, weil Sparer und Unternehmen ihr Geld dann lieber in Bar aufbewahren, oder zumindest die Kosten der Bargeldhaltung (Tresor, Sicherheitsdienst, etc.) geringer sind als der Verlust durch Negativzinsen. Deshalb ist die Diskussion um die Abschaffung des Bargeldes auch so wichtig.

Der Weg aus der Misere: Langfristiges Wirtschaftswachstum durch technologischen Fortschritt, also zunächst merkwürdige, verrückte Ideen. Elon Musk mit Tesla, Space X, dem Hyperloop. Selbstfahrende Autos, bei denen Google führend sein dürfte. Lieferung per Drohne, mit der die Deutsche Post experimentiert. Zwar könnten solche Entwicklungen Millionen Fahrer und Zusteller arbeitslos machen. Doch die Geschichte hat gezeigt: Langfristig haben auch all die Kutscher, Heizer und Weberinnen eine Anstellungen in neuen Jobfeldern gefunden.


Einige weitere Zitate von Peter Thiel auf der Veranstaltung hat Business Insider Deutschland zusammen gestellt. Eine Publikumsfrage zu Thiels Unterstützung für Donald Trump wollten die Veranstalter nicht zulassen. Capital versucht zu klären, warum Thiel zu Trump schweigt. Lesenswert ist auch das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen zum Einfluss des Philosophen René Girard auf Thiel und andere Silicon-Valley-Entrepreneure.