Diese Personalie ließ aufhorchen: Ex-B.Z.-Praktikantin wird Ministerin. Dorothee Bär (39, CSU, verheiratet, drei Kinder) wird in der neuen GroKo Staatsministerin für Digitalisierung im Kanzleramt. Mein Interview mit ihr aus der B.Z. AM SONNTAG.

Frau Bär, Sie haben den ersten Posten für Digitalisierung in einem Kabinett – als Staatsministerin im Kanzleramt. Digitalisierung bleibt weiter in jedem Ministerium, Breitbandausbau bei Verkehr, E-Governance bei Innen … Was wird Ihre Aufgabe?

Ich werde unter anderem dafür sorgen, dass innerhalb der Ministerien die gleiche Geschwindigkeit herrscht. Wir haben einige Häuser, die hinterherhinken, andere, die schon weiter sind. Die Bundeskanzlerin selber sieht Digitalisierung als Chefsache an. Höher als Staatsministerin im Kanzleramt hätte der Posten also gar nicht angesiedelt sein können.

Die Bundeskanzlerin hat in jedem Wahlkampf den Breitbandausbau versprochen. Bisher ist wenig geschehen. Lösen Sie ihr Versprechen jetzt ein?

Man kann kritisieren, dass bis 2013 tatsächlich so wenig geschehen ist. Aber seitdem haben wir dafür gesorgt, dass Milliarden in den Haushalt für den Breitbandausbau eingestellt werden. Es gibt kaum eine Kommune, die nicht Teil eines Förderprogramms für den Breitbandausbau ist. Wir haben im Koalitionsvertrag jetzt noch einmal explizit die Schulen erwähnt, die dringend an das Netz müssen. Wir bereiten die Versteigerungen für die 5G-Mobilfunkfrequenzen vor und investieren in dieser Legislaturperiode bis zu 12 Milliarden Euro. Es geht also voran, das werden die Bürgerinnen und Bürger auch spüren. Das alles ist ein fortlaufender Prozess.

Schulen und Digitalisierung: Müssen Kinder programmieren können? In manchen Schulen gibt es schon Probleme bei den Deutschkenntnissen.

Es ist wahnsinnig wichtig, dass man nicht von der Technik beherrscht wird, sondern dass man die Technik beherrscht. Wir beklagen uns oft über zu wenig technisches Verständnis in Deutschland. Jetzt hat man die Möglichkeit, Begeisterung zu wecken. Ich habe noch keine Grundschüler erlebt, die nicht begeistert waren, kleine Roboter oder Einplatinencomputer zu programmieren.

Sie haben kühn in die Zukunft geblickt, davon gesprochen, dass unsere Infrastruktur vielleicht eines Tages auf Flugtaxis ausgelegt sein müsste. Dafür wurden sie belächelt. Fehlen den Kritikern Visionen?

Ja! In Deutschland wird Digitalisierung viel zu oft auf Breitbandausbau reduziert. Das ärgert mich. Digitalisierung ist disruptiv in jedem einzelnen Lebensbereich. Wir sagen, Deutschland hängt international hinterher. Aber um erfolgreich zu sein, Wachstum, Wohlstand und eine gesunde Wirtschaft zu haben, würde es nicht ausreichen, wenn jeder Haushalt 100 Mbit hätte, aber wir keine Anwendungen haben. Wir haben doch auch nicht erst angefangen, Autos zu bauen, nachdem wir ein perfektes Autobahnnetz hatten.

In den Koalitionsverhandlungen haben sie eine Förderung des E-Sports durchgesetzt. Braucht Deutschland das wirklich?

Computerspiele sind ein Kulturgut und ein extrem wichtiger Wirtschaftszweig für Deutschland. Gemessen an der Höhe der Steuereinnahmen profitieren wir davon mehr als von der Film- und der Musikindustrie.

Sie haben drei Kinder. Gibt es bei Familie Bär Regeln für die Handy-Nutzung, etwa nicht am Esstisch?

Das versuche ich. Es ist aber schwierig, wenn man einen Anruf erwartet und dann selber ein schlechtes Beispiel ist. Bisher hat nur unsere Älteste ein Handy. Sie hat es mit zehn Jahren bekommen und das auch akzeptiert.

2002 waren sie Praktikantin bei der B.Z. – haben Sie noch Erinnerung an Ihre Zeit bei uns?

Ich fand es spannend. Es war für mich damals unvorstellbar, wenn abends schon die Zeitung vom nächsten Tag gedruckt ist. Wenn ich abends mit meinem Freund essen war, kamen die Zeitungsverkäufer mit der B.Z. vorbei und dann ist in der Zeitung der eigene Name. Das war eine tolle, aufregende Zeit.

Das Interview ist auch hier verfügbar.