Das Semester hat angefangen und die Stundenpläne sind nun fix. Vier Kurse belege ich an der NYU. Zwei am College of Arts and Science (CAS), jener Fakultät, die mein Austauschprogramm betreut. Für je einen weiteren Kurs bin ich an der Stern School of Business und dem Arthur L. Carter Journalism Institute eingeschrieben. Was mache ich dort?
Game Theory: Einführung in die Spieltheorie an der NYU unterscheidet sich vermutlich kaum von selbigen Kursen an der HU oder anderswo. Zwei Vorlesungen die Woche, in denen es gleichwohl gesprächiger zu geht, als in deutschen Hörsälen. Viele Seiten zum Lesen in den Textbüchern, dazu wöchentliche Hausaufgaben, die zu je einem Prozent in die Kursnote eingehen. In einer Recitation Class werden die Aufgaben nachträglich besprochen.
Economic Development: Warum bleiben manche Länder unterentwickelt? Wie werden aus LDCs (less developed countries) EMEs (emerging market economies)? Professor Ma, lange im Dienste des IMF (Internationalen Währungsfonds) kennt die LDCs und EMEs dieser Welt und gibt sein Wissen jetzt weiter – und dazu Süßwaren aus dem asiatischen Lebensmittelgeschäft seiner Nachbarschaft. Die drei Kommilitonen, die ihm in der ersten Stunde sagten, was im Sommer eigentlich los war (Griechenland, China, Puerto Rico) freuten sich über eine bunte Tüten mit Bonbons.
Und Professor Ma liebt Filme: „Welchen Kurs belegt Baby im Film Dirty Dancing?“ Oder Serien, neulich kam abends noch eine Rundmail von ihm: „Attached, please try these exercises. I WILL RANDOMLY CALL. And if you cannot answer, you will be sent to the punishment tower of one of the kingdoms in Game of Thrones.“ Es ist ein amüsanter Kurs.
Business in Transition Economies: Dieser Kurs wird an der Stern School of Business angeboten. Die Business School ist ein Teil der NYU, aber der Zugang für Nicht-Business-School-Studenten restriktiv. Glücklicherweise ist dieser Kurs unter jenen, die auch Nicht-Stern-Studenten belegen können. Stern ist fast noch besser ausgestattet als die restliche NYU. Zur Einschreibung sprach ich mit einer Beraterin und zeigte, dass ich die vorausgesetzten Kurse in Deutschland belegt habe. Nach ein paar Stunden war ich eingeschrieben.
Im Kurs arbeiten wir mit Fallstudien zu ehemals sozialistischen Ländern. Gerechnet wird hier gar nichts; der Professor, ein indischer Einwanderer, bringt uns mit der VWL wieder dorthin, wo sie begann: Am Rande der Geschichtswissenschaft und Politologie. War die Sowjetunion mit ihrer Industrialisierung zwischen 1930 und 19050 nicht so etwas wie der erste Asian Tiger? Was können wir Südkorea aus den Erfahrungen der Deutschen Einheit (Wechselkurs 1:1, Zinserhöhung durch die Bundesbank wider der weltweiten ökonomischen Entwicklung) raten?
Reporting Downtown: In Deutschland bieten wenige Universitäten praktische Journalismus-Kurse, die Ausbildung erfolgt im Volontariat. On-the-job-training nennen Arbeitsökonomen das. In Amerika ist die Ausbildung von Journalisten Aufgabe einer Universität, und das Journalism Department der NYU ist eines der besten der USA. Gibt es einen besseren Trainingsplatz als New York?
Der Dozent, ein gestandener Reporter für New York Post und New York Times, schickt uns raus. Die vier Features (700-900 Wörter und im finalen 900-1200 Wörter), die einzureichen sind, schreiben wir in einer New Yorker Neighbourhood. Die Neighbourhood wählen wir jetzt, und berichten daraus bis Weihnachten. Ich werde viel Zeit in Brooklyn Heights verbringen und die Arbeit auch mit diesem Blog begleiten. Reporting Downtown ist ein intensiver Kurs mit talentierten Kommilitonen und der Chance, New York zu sehen, wie es Touristen und vielleicht New Yorker selbst nicht sehen.
Baby aus Dirty Dancing belegt übrigens den Kurs Economics of underdeveloped countries.
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